"Malen ist ein Abenteuer" - für Christine Rieck-Sonntag hat dieser programmatische Satz eine
zweifache Bedeutung. Ein Abenteuer bestehen heißt
zum einen sich offen einlassen auf eine Erfahrung,
von der man nicht weiß, wohin sie führen wird.
Kennen wir die Wirklichkeit, und kennen wir uns
selbst? Malend reagiert die Künstlerin auf die
Herausforderungen der Außenwelt und taucht
damit zugleich ein in ihre Innenwelt; sie lässt sich
verwandeln, indem sie Gesehenes verwandelt. Und
zum anderen ist der Prozess des Malens bei ihr
selbst ein Abenteuer, dessen Verlauf sich nicht
planen lässt. Das Material hat seinen Eigenwillen,
der nicht mit fertigen Konzepten überwältigt
werden darf: aus dem Dialog mit ihm erwachsen
Form und Ausdruck.
Der Menschenleib in seiner unausschöpfbaren
Expressivität ist die Grunderfahrung der Malerin
und ihr immerwährendes Thema, von dem sie sich
nie ganz entfernt, auch dann nicht, wenn sie in
Costa Rica Urwaldbäume portraitiert. Im Menschenleib
verbindet sich die Natur mit der
Geschichte, die gelebte Gegenwart mit mythischer
Vergangenheit – an einer Bushaltestelle in
Schwarzafrika ebenso wie in den Jazzkellern New
Yorks. Das Material, das die Malerin wählt, hat
seine eigene Sprache: die Jutesäcke, auf die sie
ihre Afrika-Bilder malte, erinnern an den Sklavenhandel,
aber auch an die CARE-Lieferungen aus den
USA, die sie als Kind in der Nachkriegszeit vor dem
Hunger bewahrt haben.
Seit Jahrzehnten unterrichtet Christine Rieck-Sonntag
Aktzeichnen an verschiedenen Akademien um
weiterzugeben, was ihr die Grundlage künstlerischen
Schaffens ist: genaues Sehen und Training
der zeichnenden Hand, also handwerkliches Können
als Voraussetzung freier expressiver Formfindung." Juli 2011
"Christine Rieck-Sonntags Entwicklung verläuft geradezu explosiv -
freilich keine lautstarke Explosion. Die Farben werden verhaltener, toniger, entfalten
dafür ein orchestrales Raffinement der Nuance, Linie und Farbe. Ausdruckgestus und
Malkultur verschmelzen zu immer komplexerer Einheit. Der existenzielle Einsatz ist
zwingend: ein Mensch, der um sein Leben malt, aufs Ganze geht - eine Künstlerin, für die
Kunst nicht nur Ästhetik ist, sondern Magie. Beschwörung und Ringen mit den Abgründen
des Daseins." Janna Miles, Landshut aktuell, Nov. 1991
"Alter - kein Thema für die Kunst? Für Christine Rieck-Sonntag ist es eins. In der
mit unverzärtelter Härte gesehenen Hinfälligkeit, die bis zu den Knitterspuren des
Malgrundes auch die formalen Mittel bestimmt, werden wach und aufmerksam Spuren
verschwiegenen Lebens erkundet - eine Ausdruckskunst der herben tektonischen Spannungen.
" Bayerische Staatszeitung, Januar 1993
"... Kindheit und Alter, konrastreich kombiniert.- Da sind einmal mit
expressiven Pinselstrichen umrissenen Figurengebilde zu entdecken, lesbar als Kinderköpfe
oder Mutter-Kind-Darstellungen, die sich auch stilistisch von den blassen, fahlen
Altersbildern abheben. Mit pastellfarbenen Blau- und Rosatönen werden ausgemergelte,
schlaffe aber nicht unerotische Körper alter Menschen von der Künstlerin sensibel
erspürt. ..." Süddeutsche Zeitung, 6.10.95
"... In einigen ihrer Bilder nimmt Christine Rieck-Sonntag wie Klee die Malimpulse
eines Kindes auf und arbeitet sie aus zu kraftvollen, farbstarken Kompositionen mit
lapidar reduzierter Formensprache. Die sensiblen Bilder das Verfalls mit ihren gedämpften
Tönen dagegen entstanden aus der Begegnung mit den Bewohnern eines Altenheims... ."
tz Kultur, 1.3.96
"... Nachdenklichkeit und Humor druckt die Künstlerin mit einer ganz persönlichen
visuellen Sprache aus ..." Münchner Merkur, 7.3.96
"Christine Rieck-Sonntag: eine Vita an der Schnittstelle europäisch-globaler Lebens- und Kulturerfahrung, ein individuelles OEuvre als Ausdrucksträger von künstlerischer und emotionaler Annäherung." Dr. Franz Niehoff, Leiter der Museen der Stadt Landshut, Jan. 2007
...Christine Rieck-Sonntag wartet mit einer ganzen Zitatkaskade auf: In ihrer Tuschezeichnung "Gretchen liest Goethe den Faust vor" liegt der Dichter in der Pose des allbekannten Tischbein-Gemäldes beim zitierten wie zitierenden Gretchen. Rieck-Sonntag hat die Zeichnung direkt auf ein Vierteljahresprogramm des Frankfurter Städels aufgebracht, in dem sich das Orginal mit dem Titel "Goethe in der römischen Campagna" (1787) befindet, so dass sich in dem kleinen Blatt eine Reihe von Bild- und Zitatebenen übereinanderlegen, die zueinander durchlässig sind und zu palimpsestartigen Darbietungen führen.... Anke Humpeneder, Feuilleton der Landshuter Zeitung, 25.5.07 zur GEDOK-Ausstellung "zitiert"


Oliver Ibelshäuser, Journalist, in "Kunst im Internet kaufen"
Tipp des Monats September 2006
"Unverkäuflich". Das war die erste Äußerung von Christine Rieck-Sonntag zu ihrem großartigen Zyklus "Rosen für Ilse" von 2004. Origineller Einstieg. Immerhin habe ich die Zeichnungen- und Collagen-Serie bei ShopArt entdeckt, einer virtuellen Galerie, die nicht nur dem Namen nach durchaus kommerzielle Interessen wahrnimmt. Dieser Zyklus, so Christine Rieck-Sonntag (oder kurz "CRS"), gehöre in ein jüdisches Museum, auch mit dem New Yorker Guggenheim könne sie prima leben. "Die wollen das haben, wissen es nur noch nicht". Ich bin mir sicher, dass sie auch mit der Pinakothek der Moderne oder dem Museum Ludwig einverstanden wäre, das habe ich ihr aber nicht gesagt.
Aber ganz so vermessen ist der Wunsch der Landshuterin nach dem gebührenden Umfeld für die ausdrucksstarken Motive auch nicht. Die Dame hat bereits in New York ausgestellt - wenn auch "nur" im deutschen Generalkonsulat. Eine weitere Etappe auf dem Weg zum Kunst-Olymp ist vielleicht das Giambattista Bodoni Museum in Berlin. Dort wird derzeit der Zyklus gezeigt (noch bis zum 22.9.2006).
Die Weigerung, einzelne Motive anzubieten, hat im Übrigen einen einfachen Grund: CRS möchte die Serie nicht zerstückeln. Verständlich, denn "Rosen für Ilse" ist nicht nur künstlerisch ihr Höhepunkt, sondern auch ein persönlicher Abschied von einer verstorbenen Freundin. Könnte man für eine narzistische Finte halten: Wer sich vehement und in aller Öffentlichkeit dem Kommerz widersetzt, adelt sein Werk und tritt deutlich aus der Masse der Cash-Künstler heraus.
Das trifft aber auf Rieck-Sonntag nicht zu. Zum einen will sie sehr wohl verkaufen (wenn sie auch von der Malerei allein nicht leben muss und kann), zum anderen hat "Rosen für Ilse" einen besonderen Stellenwert, der sich erschließt, wenn man in die Geschichte eintaucht und dann die expressionistischen Portraits wirken lässt: Schnappschüsse aus den 30er Jahren in einer sprühenden Farbigkeit, Fragmente eines bewegten Lebens. Die ganz kurze Kurzfassung (CRS möge mir Ungenauigkeiten verzeihen): 2003 lernt Rieck-Sonntag die fast 90-jährige, deutsche Jüdin Ilse Wunsch in New York kennen - der Beginn einer intensiven, aber kurzen Freundschaft. Wunsch berichtet von ihrem Leben als junge Pianistin im Nazi-Deutschland, von der Verfolgung durch die SS-Schergen, vom Exil in Ostasien, Polen, England und schließlich den USA. Von der Vergasung der Mutter in Auschwitz und der Ehe mit dem Dichter Otto Mainzer. Nach dem Tod von Ilse Wunsch bebildert Rieck-Sonntag wichtige Stationen und persönliche Momente im Leben der Musikerin. Wer es genauer wissen will mit der Freundschaft und der Biographie: Auf der Homepage von CRS können Sie die Geschichte detailliert und aus erster Hand nachlesen. Dort finden Sie auch alle 21 Motive samt Kommentaren.
Auch vorher hat Rieck-Sonntag vorwiegend zyklisch gearbeitet. In ihren Zeichnungen und Gemälden verarbeitet sie häufig Reiseerfahrungen und immer auch ein Stück Kindheit, wie sie versichert. CRS hält sich in Tansania, Italien, Südfrankreich, Bulgarien und häufig in den USA auf. In der Auseinandersetzung mit den Menschen und deren Vergangenheit entstehen erstaunliche, authentische Werke. Auch weil sie mit Materialen experimentiert und damit für Kongruenz zwischen dem künstlerischen Thema und ihrer Arbeit sorgt. Die Zeichnungen "Rose für Ilse" entstanden auf den Seiten eines New Yorker Telefonbuches, das sie auf den Straßen von Manhattan fand. Für den afrikanischen Zyklus Sugarcane nutzte sie Sackleinen statt Leinwand. "Sweat and sweet" malte sie mit groben Stiften, wie sie für die Kennzeichnung von Rindern benutzt werden und assoziiert damit die frühere Sklavenhaltung im US-Bundesstaat Virginia.
Die Tusche-Zeichnungen "Hommage à Verlaine" sind die aktuellsten Werke. Entstanden sind die Motive in Zusammenarbeit mit ihrem Mann, Hans Krieger. Der hat Paul Verlaine-Gedichte ins Deutsche übersetzt; Rieck-Sonntag hat ausgewählte Verse illustriert: wiederum mit expressionistischen Anleihen und im Holzschnitt-Look, mitunter stark erotisch geprägt. Eindrucksvolle Portraits, die - das hat sie mir zugesagt - auch verkauft werden.
Preise: Rieck-Sonntag fällt nicht in die Klasse der Hobby-Künstler. Zahlreiche Auszeichnungen im In - und Ausland, Stipendien sowie bedeutende Ausstellungen dokumentieren ihre künstlerische Klasse. Das lässt sie sich bezahlen. Rund 700 Euro kostet ein Unikat aus der Verlaine-Serie. Günstiger kommen Sie weg, wenn Sie sich für die Grafiken entscheiden. Theater-Plakate (Handdruck (!) auf Bütten, limitiert, signiert) kosten einzeln rund 60 Euro. Drucke der "Rosen für Ilse"-Serie sind günstiger, allerdings nicht nummeriert. Für Unikate aus Acryl und Öl wenden Sie sich am besten direkt an die Künstlerin.